Gefährlicher Waffen-affiner Rechtsextremismus


Von Anton Maegerle 30.01.2020 –

Bei rechtsextremen Gewalttaten und Razzien in der Szene werden durch die Polizei immer wieder zahlreiche Waffen sichergestellt. Bnr.de dokumentiert ausgewählte Fälle aus dem zweiten Halbjahr 2019 sowie einschlägige Gerichtsurteile.

Waffenfunde in der rechten Szene sind besorgniserregend; Photo (Symbol): Frank Witscherkowsky / pixelio.de

2019 wurde besonders deutlich, dass von Rechtsextremisten reale und akute Gefahren ausgehen. In der Nacht zum 2. Juni wurde Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke auf der Terrasse seines Hauses per Kopfschuss ermordet. Am 9. Oktober erschoss ein militanter Antisemit in Halle an der Saale einen Mann und eine Frau. Das geplante Blutbad des hoch gerüsteten Täters in der Haller Synagoge scheiterte an der Eingangstür.

Der gewaltorientierte Rechtsextremismus weist fließende Übergänge in den Rechtsterrorismus auf. Bezeichnend dafür stehen Gruppierungen wie „Oldschool Society“, „Gruppe Freital“, und „Revolution  Chemnitz“. Die Affinität von Rechtsextremisten zu Waffen wird selbst in den Verfassungsschutzberichten des Bundes und der Länder seit Jahren gebetsmühlenartig wiederholt.

Bnr.de dokumentiert nachstehend ausgewählte Fälle von Waffenfunden in rechtsextremen Zusammenhängen sowie entsprechende Gerichtsurteile im zweiten Halbjahr 2019.

Das Landgericht Schwerin in Mecklenburg-Vorpommern hat Marko G., einen früheren Scharfschützen beim Spezialeinsatzkommando (SEK) Mecklenburg-Vorpommern, kurz vor Weihnachten zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Bei dem Fall ging es unter anderem um den illegalen Besitz einer Uzi-Maschinenpistole und 1500 Schuss Kriegswaffen-Munition sowie um die unsachgemäße Lagerung weiterer Waffen, Munition und Sprengmittel. Es ging aber auch um die Prepper-Gang „Nordkreuz“, in der Marko G. eine führende Rolle innehatte. In Chats unter einzelnen Prepper-Mitgliedern wurde rechtsextremes Gedankengut ausgetauscht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hat Revision eingelegt. (www.svz.de/regionales/mecklenburg-vorpommern/Prepper-Szene-Revision-in-N…)

Arsenal von Waffen und Munition beschlagnahmt

Bei Durchsuchungen in der rechtsextremen Szene in Hessen am 18. Dezember stellte die Polizei Waffen und Drogen sicher.  Wie das hessische Innenministerium mitteilte, wurden zwölf Wohnungen und Objekte durchsucht. Dabei sei ein Haftbefehl vollstreckt worden, sagte Innenminister Peter Beuth (CDU) in Wiesbaden. Die Durchsuchungen gab es dem Ministerium zufolge in den Bereichen der Polizeipräsidien Mittel-, Ost-, Nord- und Südhessen. Die Beamten entdeckten unter anderem Schießpulver, Pyrotechnik, Schwefelsäure und rechtsextreme Devotionalien. (www.spiegel.de/panorama/justiz/hessen-razzia-in-rechter-szene-ermittler-…)

Ein 54-Jähriger aus dem hessischen Wächtersbach, der Kontakte zur „Reichsbürger“-Szene hatte und früher Mitglied eines Schützenvereins war, ist im November vom Schöffengericht Gelnhausen wegen unerlaubten Besitzes von Waffen und Sprengstoff zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten zur Bewährung verurteilt worden. In der Wohnung fanden sich ein Hitler-Bild und Hakenkreuz-Kerzen.  Als ein Sondereinsatzkommando am 8. Januar 2018 auf dem Anwesen des Handwerkers anrückte, wurde ein ganzes Arsenal von Waffen und Munition beschlagnahmt. Insgesamt 13 Pistolen, Gewehre und Revolver besaß der Mann illegal. Hinzu kamen über 10.000 Schuss Munition diverser Kaliber, ein Fallmesser sowie zwei Schalldämpfer – und rund ein Kilogramm Schwarzpulver. (www.fuldaerzeitung.de/regional/kinzigtal/schusswaffen-und-sprengstoff-ge…)

Am 16. November feuerten vier Männer im Alter zwischen 29 und 52 Jahren von einem Balkon aus im niedersächsischen Schöningen Leuchtmunition auf eine Gruppe Flüchtlinge ab. Unter den Opfern der Attacke befand sich nach Polizeiangaben auch ein fünf Monate altes Baby. Zwei Passanten, die den Angegriffenen zur Hilfe eilten, gerieten ebenfalls unter Beschuss. Die Polizei fasste die vier Verdächtigen noch im Laufe der Nacht und stellte eine Pistole sowie Leuchtmunition sicher. (www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Attack…)

Im Internet mit Schusswaffen posiert

Ein Mann aus dem brandenburgischen Schwedt, der der „Reichsbürger“-Bewegung um das so genannte „Amt für Menschenrechte“ nahesteht, wurde in Abwesenheit am 12. November vom Amtsgericht Schwedt zu einer Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt. Die Polizei stellte seine halbautomatische Ceska-Pistole sowie zwei Munitionssätze je 22 und 25 Patronen sicher. Darüber hinaus fanden die Beamten 22 pyrotechnische Erzeugnisse polnischer Herkunft, wie Amtsgericht-Sprecher Jan Wilke mitteilte. Ursprünglich verfügte der 57-Jährige über eine Waffenbesitzkarte, die allerdings von der zuständigen Waffenbehörde Polizeidirektion Ost widerrufen wurde.  (www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1769050/)

Am 9. November löste ein 35-jähriger „Reichsbürger“ im sächsischen Sebnitz einen Polizeieinsatz aus. Zuvor hatte er im Internet mit Schusswaffen posiert. Zeugen riefen daraufhin die Polizei. Die Beamten fanden in seiner und der Wohnung der Lebensgefährtin unter anderem einen Elektroschocker, Schreckschusswaffen mit Munition, einen Morgenstern, diverse Macheten und Messer. (www.dnn.de/Region/Polizeiticker/Reichsbuerger-loest-Polizeieinsatz-in-Se…)

Am Abend des 4. November soll ein „Reichsbürger“ in Hannover auf offener Straße zwei Jugendliche mit einem Gewehr bedroht haben. Spezialkräfte der Polizei nahmen den 44-Jährigen in der Nacht in seinem nahen Wohnhaus fest. Dabei fanden sie neben einem Gewehr auch ein Schwert sowie etwas Marihuana. Gegen den Mann wird nun wegen des Verdachts der Bedrohung sowie wegen möglicher Waffen- und Drogendelikte ermittelt. (www.spiegel.de/panorama/justiz/hannover-reichsbuerger-soll-jugendliche-a…)

Blutbad in Halle gescheitert

Im vergangenen November stellte die Polizei in einer Privatwohnung in Magdeburg Kriegswaffen aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, darunter eine sowjetische Luftrakete, Panzerfäuste und Minen, sicher. Der 33-jährige Mann steht unter Rechtsextremismusverdacht. Der Beschuldigte arbeitete bei der Kampfmittelbeseitigung.  (www.mz-web.de/magdeburg/kriegswaffenfund-in-privatwohnung-waffennarr-aus… www.mz-web.de/magdeburg/kriegswaffen-bei-mutmasslichem-rechtsextremen-ma…)

Der 27-jährige Antisemit Stephan Balliet erschoss am 9. Oktober in Halle zwei Menschen. Sein geplantes Blutbad in der Haller Synagoge an Jom Kippur, dem wichtigsten jüdischen Fest, scheiterte. Der Täter war im Besitz von vier Kilogramm Sprengstoff in zahlreichen Sprengvorrichtungen, zwei improvisierten Schrotflinten, einer Einzelschusspistole, einer halbautomatischen Schusswaffe mit Kunststoffteilen aus dem 3D-Drucker und einer Maschinenpistole vom Typ „Luty“ 9 mm. Bereits 2015 soll sich Balliet im Internet erstmals eine Schusswaffe besorgt haben. Vor seiner Terrortat hatte  Balliet selbst detaillierte Anleitungen zum Bau von Waffen im Internet verbreitet, darunter 3D-Modelle für Magazine und Einzelteile von Waffen.  Mit entsprechender Technik lassen sich die Bauteile damit ausdrucken. Der Bau von Waffen – auch mithilfe eines 3D-Druckers – ist in Deutschland ohne ausdrückliche Erlaubnis verboten. Balliet veröffentlichte zudem eine englischsprachige Anleitung zur Herstellung von Munition für eine selbstgebaute Schrotflinte. Auf einem Foto ist zu sehen, dass auf eine der Patronen ein Hakenkreuz aufgemalt wurde. Zeitstempel der Bilddateien legen nahe, dass Balliet spätestens im Juni 2019 mit den Vorbereitungen für einen Anschlag begann. (www.zdf.de/politik/frontal-21/halle-attentaeter-nutzte-3d-drucker-fuer-w… www.tagesschau.de/inland/halle-attentaeter-101.html)

Kiloweise Schwarzpulver bei Münchner Pegida-Chef

Der Münchner Pegida-Chef Heinz Meyer wurde im September vom Münchner Amtsgericht wegen des Besitzes von kiloweise Schwarzpulver sowie zwei Fällen der Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen verurteilt. Polizisten hatten im Dezember 2018 in Meyers Wohnung 37 so genannte China-Böller gefunden, weitere 26 waren im Keller eingelagert. Die Beamten hatten Datenträger und Speichermedien gesucht im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Volksverhetzung gegen Meyer. Meyer ist wegen Körperverletzung und wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz vorbestraft. Sicherheitsbehörden sehen in Meyer einen rechten Gefährder. (www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-amtsgericht-pegida-heinz-meyer-spr…)

Im September meldete die Tageszeitung „taz“, dass die Polizei im Jahr 2018 in der extrem rechten Szene im Zuge von Ermittlungen bei rechtsmotivierten Straftaten 1091 Waffen (2017: 676) beschlagnahmt hat. Dabei handelte es sich unter anderem um Faustfeuerwaffen, Langwaffen, Kriegswaffen, Spreng- und Brandvorrichtungen, Pyrotechnik oder Hieb- und Stichwaffen. Die Auflistung des Bundesinnenministeriums nennt 563 entsprechende Straftaten – darunter 235 Gewaltdelikte. (www.taz.de)

Beweismittel gegen internationalen Sprengstoff-Ring sichergestellt

Die Polizei stellte im August bei dem Schlag gegen eine Internetplattform zum Bau von Kriegswaffen und Bomben allein in Niedersachsen rund 200 Kilogramm sprengstofftaugliches Material sicher. Das teilten die Staatsanwaltschaft Göttingen und die Polizeidirektion Göttingen mit. Bundesweit wurden bei der Razzia in neun Bundesländern insgesamt rund 400 Kilogramm Grundstoffe zur Bombenherstellung und Drogen wie Amphetamine, Heroin und Marihuana beschlagnahmt. Zudem fanden die Beamten Waffen: unter anderem Gewehre, Messer sowie Munition. Beweismittel wurden auch in Litauen und Kroatien bei der Razzia gegen einen internationalen Sprengstoff-Ring sichergestellt. Koordiniert wurde der Einsatz aus Göttingen. Offen ist, inwieweit politische Motive bei den insgesamt 22 Verdächtigen eine Rolle spielen. Zumindest bei einem Tatverdächtigen gebe es Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung, so die Ermittler. Bei dem Mann aus dem westfälischen Soest seien mehrere T-Shirts und Aufkleber mit Aufdruck rechtsradikaler Netzwerke sowie eine Hakenkreuzfahne sichergestellt worden. (www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Razzia…)

In der Nacht zum 2. August nahmen Spezialeinsatzkräfte der Polizei in Bremen-Osterholz einen 54-jährigen Mann fest, der in seinem Garten Schüsse aus einer Signalwaffe abgegeben haben soll. Neben der Haustür hatte der Mann zwei Äxte und ein Schwert griffbereit liegen, wie die Polizei mitteilte. Der Verdächtige wurde in der Wohnung festgenommen. Bei einer Wohnungsdurchsuchung wurden eine Machete, eine Armbrust, Säbel und Munition und eine Signalwaffe sichergestellt. Zudem fanden die Polizisten unter anderem verfassungswidrige Zeichen und Symbole wie Hakenkreuze und Flaggen an den Wänden. Während des Einsatzes soll der Mann fremdenfeindliche und rechtsgesinnte Parolen geäußert haben. (www.nwzonline.de/blaulicht/bremen-waffenfund-ei_a_50,5,1950910796.html)

Softair-Waffen und augenscheinliche Handgranaten

Bei einem „Reichsbürger“ aus dem bayerischen Brunnthal (Landkreis München) stellte die Polizei ein kleines Arsenal an Waffen sicher. Der Vorfall ereignete sich bereits im Februar, allerdings berichtete die Polizei erst Anfang August darüber. In der Wohnung fand die Polizei neben gefälschten Urkunden auch zahlreiche gefährliche Gegenstände und Waffen. Darunter eine Pistole mit Schalldämpfer, eine Taser-Pistole, Pfefferspray sowie eine Armbrust samt diverser Bolzen. (www.merkur.de/lokales/muenchen-lk/brunnthal-ort377264/brunnthal-waffen-b…)

Am 15. Juli wurden in der Wohnung einer 56-jährigen Frau im bayerischen Freising zahlreiche Waffen entdeckt. Das Arsenal reicht vom Schlagring und kleinen Klappmessern über Pistolen, Schreckschusswaffen mit Schalldämpfer,  Imitationshandgranaten, Nebelwurfkörper, Softairwaffen und Luftdruckgewehren bis hin zu augenscheinlichen Handgranaten. Insgesamt werden 41 Gegenstände sichergestellt. Sogar ein Sturmgewehr lagerte bei der 56-Jährigen. (www.merkur.de/lokales/freising/freising-ort28692/freising-frau-ruft-kran…)

Aus fremdenfeindlicher Motivation niedergeschossen

Der 55-jährige Roland K. aus dem hessischen Biebergemünd  (Main-Kinzig-Kreis), Mitglied im Schützenverein Neudorf 1961, hat im südhessischen Wächtersbach  am 22. Juli, dem achten Jahrestag des Massakers von Anders Breivik in Norwegen, aus fremdenfeindlicher Motivation einen 26-jährigen Mann aus Eritrea niedergeschossen. In der Wohnung und im Auto des Mannes entdeckte die Polizei nicht nur sechs Waffen, darunter auch halbautomatische und großkalibrige Modelle, sondern auch Gegenstände mit Motiven aus der ultrarechten Szene. (www.hessenschau.de/gesellschaft/warum-niemand-roland-k-stoppte,spurensuc…)

Einsatzkräfte der Sonderkommission Rechtsextremismus des Landeskriminalamts Sachsen stellten am 22. Juli in einer Wohnung in Dresden-Klotzsche mehrere Waffen sicher. Der Bewohner, ein 28-jähriger polizeibekannter Rechtsextremist, war nicht anwesend. Dabei wurden unter anderem ein offenbar umgebautes Softair-Gewehr, eine Pistole und Munition sichergestellt. (www.radiodresden.de/beitrag/lka-stellt-waffen-bei-rechtsextremisten-in-k…)

Zwei Männer im Alter von 24 und 26 Jahren haben in Berlin am 21. Juli einen 24-Jährigen in einem Regionalexpress der Linie RE5 zwischen Blankenfelde und Hauptbahnhof mit einem Druckluftgewehr bedroht und fremdenfeindlich beleidigt.
Das Gewehr ließ der 24-jährige Täter sich erst von den herbeigerufenen Bundespolizisten abnehmen, die die beiden Männer vorläufig festnahmen. Dabei zeigte der 24-Jährige zudem den Hitlergruß. Bei der Durchsuchung fanden die Polizisten Munition für Druckluftwaffen, einen Dolch und ein Teppichmesser, die sie sicherstellten. (www.berlin.de/aktuelles/berlin/kriminalitaet/5843523-4362932-zugreisende…)

Quelle: https://www.bnr.de/