Brandstiftung mit „fremdenfeindlichem Hintergrund“?


13.02.2020 –

In der Kleinstadt Syke in Niedersachsen ist ein Anschlag auf eine Gaststätte verübt worden – der Betreiber hat Migrationshintergrund.

Die Täter, die in der letzten Nacht das Restaurant Martini in der niedersächsischen Kleinstadt Syke im Landkreis Diepholz anzündeten, hinterließen eine zerschlagene Glastür und große schwarze Hakenkreuze an einer Außenwand des Gebäudes. Zusätzliche Spuren deuten auf einen Anschlag hin. 2019 war das von einem Deutschen geführte Lokal vom Ortsteil Barrien an die Nienburger Straße umgezogen. Inzwischen wird es von einem Syker mit syrischem Migrationshintergrund geführt, wie die Polizei verlauten ließ. Bei der Brandstiftung wird von einem „fremdenfeindlichen Hintergrund“ ausgegangen. Freiwillige Feuerwehren aus den umliegenden Gemeinden konnten in den frühen Morgenstunden ein Übergreifen auf weitere Häuser verhindern, sechs Anwohner/innen wurden in Sicherheit gebracht. Der Staatsschutz der Polizei wurde eingeschaltet.

Symbolbild von Niklas Schäfers auf Pixabay

Nur wenige Tage zuvor, am Samstagvormittag, hatte es auch in Syke Proteste gegen die AfD und die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen gegeben. Über 100 Menschen folgten dem Aufruf „Thüringen: Die Dämme brechen“ des Bündnisses „Wir sind mehr. Landkreis Diepholz“ und der Initiative Seebrücke vor das Kreishaus. Die Zeitnähe zwischen dem Brandanschlag und der Kundgebung in Syke gegen die AfD in Thüringen verwundert auch engagierte Mitglieder. „Wir fragen uns schon, ob es da einen Zusammenhang geben könnte“, so Michael Roeder vom „Wir sind mehr Bündnis Diepholz. „Wir waren da ja auch noch mit etwa 20 Demoteilnehmern im Martini essen“, sagt Roeder. Und er hofft, dass auch dieser Verbindung polizeilich nachgegangen werde.

Gastwirte bieten der AfD kein Forum

Die AfD im Landkreis Diepholz gilt als Anhängerschaft des völkischen „Flügels“, 2017 wurde Alexander Gauland als Redner nach Brinkum eingeladen. Doch im Stadtrat der ehemaligen Kreisstadt Syke ist die Partei nicht vertreten. Das Wahlergebnis für die AfD lag bei der letzten Landtagswahl im Wahlkreis Syke bei rund sechs Prozent. „Tief betroffen“ von dem Vorfall zeigte sich am Morgen Bürgermeisterin Suse Laue gegenüber lokalen Medien. Sie verurteile die Tat, die nicht zu dem bisher guten Miteinander in Syke passe. Der Syker Rat werde sich am Donnerstagabend mit dem Thema beschäftigen. Sie werde sich dafür einsetzen, dass er die Tat verurteile, so die Bürgermeisterin.
 

Syke ist kein Hotspot der extrem rechten Szene, doch Erika Schneider von der Seebrückeninitiative betont, dass die AfD sehr wohl präsent sei: „Sie sind überall dabei und vor allem im Landkreis Diepholz aktiv – zum Glück will die Mehrheit der Gastwirte ihnen kein Forum bieten“.

Mit Sturmmaske bei der NPD-Sonnenwendfeier

Der Ortsteil Barrien galt unter Rechten als „Arrien“, das B am Ortseingangsschild wurde verklebt. 2019 attackierte in dem Syker Ortsteil ein so genannter „Reichsbürger“ einen CDU-Politiker öffentlich, beleidigte und bedrohte ihn. Hier tummeln sich seit Jahrzehnten Rechte. Beim Schützenfest kam es zu Übergriffen gegen Geflüchtete, berichten Jugendliche. Ein Mitglied der Bremer Rechtsrock-Band „Endstufe“ wohnt in Barrien. Der Mann spielt auch Schlagzeug in der Szene-Combo „Bunker 16“. Ein weiteres Bandmitglied wohnte ganz in der Nähe. Im Mai 2011 trat „Bunker 16“ im nahen Groß Mackenstedt auf, keine 20 Kilometer entfernt von Syke. Rund 150 Rechtsrock-Fans aus ganz Norddeutschland sollen teilgenommen haben. Dort an der Landesgrenze zu Bremen befanden sich lange Jahre Proberäume für diverse rassistische Bands.

Ein aus Bremer stammender Rechtsextremist ist nach Syke gezogen. Im Dezember trat er mit Sturmmaske bei der Sonnenwendfeier der NPD in Eschede auf, wie Fotos belegen. Jugendliche Mitglieder einer Fußballmannschaft aus Syke posteten bei Facebook Fotos in Shirts mit der Aufschrift „TuS Syke – Meine Heimat – meine Liebe – mein Stolz“, ein Trainer zeigt sich im Profilbild mit einer Panzerfaust im Anschlag.  

In der Region um Syke siedeln zudem Anhänger der kriminellen Rockergang „Hells Angels“ an. Ein Imbiss und ein Restaurant in der nahen Umgebung werden aus dem Umfeld des im Landkreis Diepholz ansässigen „MC Legion“ betrieben. Eine umtriebige Szene also gibt es auch dort.  Die Polizei ermittelt in alle Richtungen, konkrete Hinweise auf die Täter des Anschlages liegen bisher anscheinend nicht vor. (ar)

Quelle: https://www.bnr.de Autor: Andrea Röpke vom 13.02.2020