So gedenken Nenndorfer und Rodenberger der Auschwitz-Befreiung vor 75 Jahren


BAD NENNDORF. Eindrucksvoll haben am Montagabend mehr als 80 Nenndorfer und Rodenberger der Opfer des Nazi-Terrors gedacht. Anlässlich des 75. Jahrestages der Auschwitz-Befreiung verfolgten die Teilnehmer das Brecht-Stück „Klopfzeichen“ in einer Schattentheater-Vorstellung. Anschließend machten sie sich auf zum Gedenkstein für verfolgte und ermordete Juden.

Das Schattentheater handelte vom jungen KZ-Häftling Julius, der heimlich – per Klopfzeichen – seine Beichte bei einem Priester ablegte. Julius wurde erschossen, weil er einen halben Teelöffel Mehl gestohlen hatte. Dies geschah, um Hostien für religiöse Handlungen zu backen. Seine Erstkommunion empfing Julius nicht mehr, weil er erwischt wurde, ehe ihn die zu dem Zweck gebackene Hostie erreichte. Einen seiner Mitinsassen verfolgen die Klopfzeichen des eigentlich unschuldigen, aber dennoch zum Tode verurteilten Jungen sein Leben lang. Daher ist die Antwort auf die Frage seiner Gattin, ob alles in Ordnung sei, auch nur eine leere Phrase. „Ja, es ist alles in Ordnung“, sagt der KZ-Überlebende am Vorabend der Erstkommunion seiner Tochter.

Andreas Nolte von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes strich anschließend heraus, dass die Wahl der Auschwitz-Befreiung als Holocaust-Gedenktag umstritten ist. Denn da endete das Martyrium für die Mehrzahl der Häftlinge nicht. Sie wurden mitten im Winter auf Todesmärsche zu anderen Lagern geschickt, wo nur noch wenige ihre Befreiung erlebten. Etwas mehr als 7000 Insassen traf die Rote Armee an, als sie Auschwitz erreichte.

In Zeiten aufkeimenden Rechtsradikalismus und Antisemitismus mahnte Nolte: „Wehret den Anfängen.“ Jürgen Henze, Sprecher des Präventionsrates Nenndorf-Rodenberg, der erstmals Veranstalter der Gedenkfeier war, bedankte sich bei Bad Nenndorf ist bunt. Denn diese Gruppe sei die Keimzelle des Nenndorfer Widerstandes gegen Rechts gewesen.

Lea Sankowske vom Nenndorfer Jugendbeirat sagte am jüdischen Mahnmal, dass eigentlich jeder Tag ein Gedenktag an den Terror des Hitler-Regimes sein müsste. Denn die Nazis hätten während ihrer Herrschaft auch an jedem Tag Verbrechen begangen. „Nie wieder Faschismus“ rief sie den Zuhörern zu, ehe Ludmila Nekrasova von der jüdischen Gemeinde das Kaddisch-Gebet sprach.

Dennis Grages legt eine weiße Rose am Gedenkstein für die jüdischen Opfer der Nazis ab. Quelle: gus aus: sn-online vom 28.01.2020