Nachruf für Steffen Holz

Die Ideen, für die ich das ganze Leben gekämpft habe, können nicht sterben und werden lange leben. (Fidel Castro, 1. Mai 2003)

Steffen Holz ist tot. Diese Nachricht am Sonntagabend vor einer Woche hat mich erstmal umgehauen, und ich konnte es nicht glauben. Steffen, der uns in Bad Nenndorf im Kampf gegen die jährlichen Neonazi-Aufmärsche zur Seite stand wie ein Fels in der Brandung, lebt nicht mehr?

Das ist unfassbar, und doch müssen wir es akzeptieren. Mit 62 Jahren, kurz vor seinem vorzeitigen Ruhestand, hat er uns plötzlich verlassen, ohne nun endlich all das in Ruhe genießen zu können, was er sich in den letzten 30 Jahren aufgebaut hat. Ein weiterer schwerer Verlust, auch für uns als Bündnis gegen Rechtsextremismus, nachdem vor einem Jahr Dr. Udo Husmann ähnlich unerwartet verstarb.

Ich habe Steffen 2006 kennengelernt, und der Anlass war kein freudiger: Militante Neonazis hatten sich Bad Nenndorf als Kulisse für ihre jährlichen Propagandafeiern ausgesucht, und eine Reihe von Nenndorfern, Schaumburgern und Hannoveranern wollte sich dagegen wehren. Steffen vertrat den DGB, und er hat uns mit seiner Erfahrung aus verschiedenen Bündnissen und seiner klaren politischen Haltung außerordentlich geholfen. Er war Gründungsmitglied von „Bad Nenndorf ist bunt“, Anmelder und Leiter unzähliger unserer Veranstaltungen, er prozessierte stellvertretend für uns gegen den Landkreis Schaumburg wegen des Verbotes unserer Demonstration gegen Nazis im Jahr 2010, und er gewann den Prozess – das Verbot war rechtswidrig. Er wurde aufgrund seines Einsatzes für unser Bündnis von allen Seiten angegangen: von Nazis sowieso, die Bilder von ihm mit eindeutigen Aufrufen veröffentlichten. Von Lokalpolitikern und Behörden, die ihm eine zu große Nähe zu Linksradikalen unterstellten. Von Linken, die ihm vorwarfen, zu eng mit Polizei und Behörden zusammenzuarbeiten. Von der Agnes-Miegel-Gesellschaft, die ihm als Historiker in der Auseinandersetzung um die Entfernung des AM-Denkmals aus dem Kurpark mangelnde Sachkenntnis und natürlich „Einseitigkeit“ vorwarf. Allerdings hatte Steffen klare Vorstellungen und Prinzipien, und in den langen Jahren von 2006 bis 2018 konnten wir unter anderem von ihm lernen, was politische Ausdauer und Zähigkeit bedeuten. Sich nicht wegzuducken, wenn es ungemütlich wird und Anfeindungen auszuhalten. Sich nicht gegeneinander ausspielen und spalten zu lassen. Auf neue Situationen zu reagieren, sie zu analysieren und kreativ zu handeln. In Bad Nenndorf finden seit 2016 keine Naziaufmärsche mehr statt – trotz großspuriger Ankündigungen haben die Faschisten es vorgezogen, uns nicht weiter zu behelligen, und das hat viel mit Steffens demokratischer Überzeugung, seinen enormen historischen Kenntnissen und seiner Beharrlichkeit zu tun.

Steffen hat durch die Herausgabe des von ihm mitverfassten Buches „Das verbotene Dorf“ einen ganz wichtigen Beitrag für die korrekte politische Einordnung der Vorgänge im Wincklerbad in Bad Nenndorf geleistet. Sein Anteil an den Auszeichnungen, die Bad Nenndorf und das Bündnis bekommen haben, ist groß: ob 2009 die Verleihung des Titels „Ort der Vielfalt“, 2011 die Ehrung im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbes „Aktiv für Demokratie und Toleranz“ oder 2018 die Übergabe des Bundesverdienstkreuzes wegen besonderer Verdienste um die Demokratie – all das galt in hohem Maße auch Steffen und wäre ohne ihn wohl nicht möglich gewesen.

Er war aber nicht nur ein leidenschaftlicher Demokrat und Antifaschist, sondern auch ein verlässlicher guter Freund, mit dem ich oft zusammen gekocht, gegessen, getrunken, geraucht, Musik gehört und geredet habe. Wenn die politischen Themen, die uns verbanden, abgearbeitet waren, gab es viel Raum für persönliche Gespräche. Ich werde das sehr vermissen.

Steffen, Du fehlst uns!

Wir werden Dich nicht vergessen. Bad Nenndorf bleibt bunt!

Ruhe in Frieden.

Jürgen Uebel

für den Vorstand von „Bad Nenndorf ist bunt – Bündnis gegen Rechtsextremismus e.V.“

Bad Nenndorf, 14. Juli 2020