40 Minuten zum Gedenken und Innehalten

Bündnis stellt Video von der Gedenkfeier zu den Novemberpogromen online

BAD NENNDORF (jl). Außergewöhnliche Zeiten erfordern manchmal auch andere Perspektiven, ohne das Wesentliche aus dem Blick zu verlieren. Der „Zug der Erinnerung“ im Rahmen der Gedenkfeier zu den faschistischen Novemberpogromen von 1938 musste wegen der Pandemielage zwar ausfallen. Interessierte Bürger konnten an der Veranstaltung dennoch „teilnehmen“, wenn auch etwas zeitverzögert und aus entfernterer Sicht als gewohnt.

Wenige Stunden nachdem Vertreter von „Bad Nenndorf ist bunt“ im kleinen Kreis Kränze am Mahnmal in der Kurhausstraße niedergelegt und der Opfer des NS-Terrors gedacht hatten, stellte das Anti-Rechts-Bündnis auf seiner Homepage ein Video bereit. In rund 40 Minuten wird nicht nur das Geschehen am Gedenkstein gezeigt, sondern auch die breite Unterstützung durch weitere Beiträge -„weil nicht die Opfer, sondern wir, in deren Mitte die Verbrechen geschahen, erinnern und Rechenschaft ablegen müssen“, wie Bündnismitglied Jürgen Uebel deutlich macht. Gerade in Zeiten von wachsendem Nationalismus und Rassismus sei es wichtig und notwendig, den Blick zurück in die Vergangenheit zu wenden, als Mitmenschlichkeit und Solidarität verloren gingen.

Uebel zitiert den deutschen Journalist und Schriftsteller Konrad Heiden (1901-1966), der kurz nach den brutalen Ereignissen vom 9. auf den 10. November 1938, die den Übergang von der Diskriminierung zur systematischen Verfolgung der Juden kennzeichneten, schrieb: „Bestialität ist ein Gemeinschaftsrausch.“ Ludmilla Nekrasova von der Jüdischen Kultusgemeinde Schaumburg las das Kaddisch, ein jüdisches Trauergebet, vor.

Nathalie Otte von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Bad Nenndorf lud ebenfalls zum Gebet ein: „Mit tiefer Scham erinnern wir uns und sehen, dass auch heute Menschen einander schinden und heilige Stätten entehren und zerstören.“ Und auch Pfarrer Michael Lerche sprach von „düsteren Schatten des Terrors“, die sich über die Welt legten. Vielerorts seien Bilder von Leid und Tot zu sehen. Mit verschiedenen Musik- und Redebeiträge endet das Video. Unter anderem singen drei Schülerinnen der CJD-Schule Schlaffhorst-Andersen Leonard Cohens „Hallelujah“, während in ihrer Mitte eine Kerze brennt.

Schüler vom Gymnasium Bad Nenndorf lesen Kurz-Biografien von Bad Nenndorfer Juden, die deportiert und ermordet wurden.

14.11.2020 | Schaumburger Wochenblatt Foto: jl