Analyse der extremen und radikalen Rechten weltweit

Der niederländische Politikwissenschaftler Cas Mudde analysiert in seinem Buch „Rechtsaußen“ die extreme und radikale Rechte weltweit. Er listet dabei nicht einfach Informationen zu den Phänomenen hintereinander auf, sondern nimmt über Untersuchungskriterien einen systematischen Vergleich vor.

In den letzten Jahren konnten viele als rechtspopulistisch geltende Parteien hohe Wahlerfolge verbuchen. Einigen dieser Parteien gelang es sogar, an die Macht zu kommen. Damit rückten sie in den Mainstream und weg vom Rand. Diese Entwicklung prägt bezogen auf die Geschichte der extremen Rechten die vierte Welle. Der niederländische Politikwissenschaftler Cas Mudde, der als Professor an der University of Georgia in den USA lehrt, formuliert jedenfalls diese Einschätzung.

Sie findet sich in seinem Buch „Rechtsaußen. Extreme und radikale Rechte in der heutigen Politik weltweit“. Es versteht sich als eine Art Bilanz der Forschung von Mudde, der bereits seit den 1990er Jahren dazu immer wieder Veröffentlichungen vorgelegt hat. Hier möchte er eine Art Einführung für ein größeres Publikum präsentieren. Dabei listet der Autor nicht Informationen zu einzelnen Parteien hintereinander auf. Vielmehr wählt er für sein Buch eine analytisch orientierte Struktur, die gleichzeitig den Blick auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede erlaubt.

„Die äußerste Rechte … erreicht … den Mainstream“

Ausgangspunkt dafür ist folgende Erkenntnis: „Die äußerste Rechte und insbesondere der radikale Rechtspopulismus erreichten im 21 Jahrhundert den Mainstream und werden zur Normalität“ (S. 13). Darin sieht der Autor auch die Besonderheit der Gegenwart, eben den Unterscheid zwischen der „dritten“ und „vierten Welle“, wobei sich diese Formulierung auf die Geschichte des gemeinten Phänomens beziehen. Dies lässt Mudde dann auch Revue passieren.

Zuvor nimmt er indessen eine Differenzierung von „extremer“ und „radikaler Rechter“ vor, wobei sich die Erstgenannten offen gegen demokratische Grundprinzipien aussprechen würden, die „radikale Reche“ diese formal akzeptiere, aber eben dann doch wieder nicht (vgl. S. 20). Hier fehlt es daher an Klarheit für die Unterscheidung. Ansonsten legt der Autor aber eine gelungene Gesamtschau vor, wobei er einzelne Analysekriterien zur inhaltlichen Strukturierung nutzt. Dies mag womöglich Einsteiger irritieren, ist aber für eine differenzierte Untersuchung gerade wichtig.

Rechtspopulismus als „pathologische Normalität“

Nach Ausführungen zur Geschichte geht es um die Ideologie des Phänomens, wobei Grundpositionen und Themenfelder herausgearbeitet werden. Dem folgen Ausführungen zu den Organisationsformen, also zu Bewegungen, Parteien und Subkulturen, aber auch zu Intellektuellengruppen und Medien. Die Anhängerschaft und Führung sowie die Betätigungs- und Handlungsfelder stehen danach im Zentrum.

Anschließend gibt Mudde einen Überblick zu den Ursachen, wobei er kursierende Deutungsmuster in der Forschung kommentiert. Hier geht es auch um den eigenen Ansatz, wonach man bezogen auf den Rechtspopulismus „als pathologische Normalität“ von einer „Radikalisierung des politischen Mainstream“ (S. 137f.) sprechen sollte. Danach behandelt der Autor die Bekämpfungsstrategien sowohl bezogen auf den Staat wie die Zivilgesellschaft. Etwas bemüht wirkt dann noch das „Gender“-Kapitel zum Schluss. Und schließlich formuliert Mudde zehn abschließende Thesen, worin er noch einmal auf die bestehende Heterogenität des wirkmächtigen Phänomens verweist.

Analytische Einführung mit klaren Untersuchungskriterien

Man merkt dem Buch überall an, das hier ein erfahrener Forscher schreibt. Mit leichter Hand wird auf die bestehende Vielfalt verwiesen. Dabei fällt der Blick nicht nur auf Europa, Lateinamerika oder die USA. Es geht auch um Bespiele aus Indien oder Israel. Diese Bandbreite mag Einsteiger verwundern, gleichwohl ist sie um der kritischen Realitätswahrnehmung willen wichtig. Mudde gelingt es immer wieder, einschlägige Notwendigkeiten gut zu vermitteln. Dabei mag die Bandbreite an politischen Phänomenen irritieren. Gleichwohl erfolgt jeweils eine Einordnung aus übergeordneter Perspektive.

Und genau diese Anlage zeichnet das Buch gegenüber anderen Werken aus. Gerade dadurch, dass Analysekriterien wie eben Ideologie, Organisation oder Wirkung im Zentrum stehen, gerade dadurch wird für weiterführende Reflexionen eine wichtige inhaltliche Struktur vorgegeben. Am Ende finden die interessierten Leser noch ein Literaturverzeichnis, wo auf weiterführende Sammelbände und Studien zum Thema verwiesen wird.

Cas Mudde, Rechtsaußen. Extreme und radikale Rechte in der heutigen Politik weltweit, Bonn 2020 (J. H. W. Dietz-Verlag), 255. S., 22 Euro

Quelle: bnr.de Autor: Armin Pfahl-Traughber 23.12.2020