Uelzen/Kalrsruhe. Der Generalbundesanwalt hat Anklage gegen gegen elf mutmaßliche Mitglieder – darunter ein Kreis-Uelzener (wir berichteten – sowie einen mutmaßlichen Unterstützer der rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe S.“ vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart erhoben. Wie ist diese für die Komplexität der Ermittlungen sehr rasche Anklage-Erhebung einzuschätzen? Die Uelzener Nachrichten fragten beim Pastor im Ruhestand Wilfried Manneke aus dem benachbarten Landkreis Celle nach, der sich seit Jahren gegen rechte Umtriebe in der Heide stark macht: „Erst der Mord am Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle und das Attentat in Hanau haben die Bundesregierung wachgerüttelt. Dabei hätte der zehnfache Mord des NSU-Trios diese Alarmstufe schon längst auslösen müssen. Jetzt scheint die Bundesregierung aber doch entschlossen zu sein, Rechtsextremismus und Rassismus zu bekämpfen. Im November hat sie sogar einen umfassenden Maßnahmenkatalog vorgelegt. Ein klares Signal gegen Rechtsextremismus und Rassismus“, so Wilfried Manneke: „Das ist meines Erachtens ein deutliches Zeichen von Justiz, Sicherheitsbehörden und Regierung, entschlossen gegen den Rechtsexterrorismus vorzugehen. Es ist auch allerhöchste Zeit.“
In der Mitteilung der Generalbundesanwaltschaft wird duchgängig von „Terrorismus“ gesprochen, den die „Gruppe S.“ zum Ziel gehabt habe. Ein weiteres Signal seitens der Justiz, dass die Schwere der geplanten Straftaten nun sehr hoch eingeschätzt wird? Manneke: „In unserer Gesellschaft ist etwas losgetreten, was sich nur noch schwer einfangen lässt. Wie entfesselt die Hetze inzwischen ist, zeigt sich daran, dass Lübcke selbst nach seinem Tod weiter aufs Infamste beleidigt wurde. Es gab Widerspruch, ja, aber offensichtlich nicht laut genug. Immer wieder wurde auch bei schwerster rechtsextremer Gewalt gezögert, das Wort ‚Terrorismus‘ in den Mund zu nehmen – wo es an anderer Stelle doch so schnell gebraucht wird. Dabei haben Rechtsextreme nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie ihren Worten auch Taten folgen lassen. Auf Asylunterkünfte flogen Brandsätze, der NSU mordete zehnfach, und militante Neonazis, wie etwa ‚Combat 18‘, wähnten sich 20 Jahre im bewaffneten Widerstand“, betont der Experte. Endlich, so Manneke weiter, werde der besonders gewaltorientierte Teil des Rechtsextremismus als Rechtsterrorismus bezeichnet. Es sei längst überfällig gewesen: „Wie jede andere Form von Terrorismus setzt auch der Rechtsterrorismus zur Verwirklichung seiner Ziele bewusst auf geplante und durchgeführte Sprengstoffanschläge, Morde und andere Methoden terroristischer Gewalt.“
Angesichts der Anklage drohen den Beschuldigten hohe Haftstrafen. Für Manneke ein mögliches Signal, um den Verfolgungsdruck gegen rechts weiter hochzuhalten: „Im Prozess um den Anschlag auf die Synagoge von Halle 2019 ist der Angeklagte vor kurzem zu lebenslänglicher Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Auch im Lübcke-Prozess fordert die Anklage das Maximum. Wenn sich herausstellt, dass auch die Anklage gegen die ‚Gruppe S.‘ gerechtfertigt ist, müssen meines Erachtens auch hier hohe Strafen verhängt werden, selbst wenn die Gruppe ihre geplanten Taten nicht mehr umsetzen konnte.“
Die Anklage gegen die Mitglieder der „Gruppe S.“ führe erneut deutlich die Gefahr vor Augen, die von rechtsextremistischen Terrorgruppen ausgeht: „Diese Terrorgruppen sind getrieben von Menschenhass und der Verachtung der Demokratie. Um so wichtiger ist es, dass Justiz und Sicherheitsbehörden weiterhin Hand in Hand arbeiten, um rechtsterroristische Strukturen offenzulegen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen“, so Manneke abschließend.
Die Klage gegen die mutmaßliche Terrorgruppe „Gruppe S.“ ist nach Einschätzung des Experten Wilfried Manneke ein deutliches Signal gegen rechts
Quelle: Uelzener Nachrichten vom 04.01.2021