Gedenkfeier zu Pogrome von 1938: „Zeigen, dass wir an Ihrer Seite stehen“
BAD NENNDORF (jl). 81 Jahre ist es her, dass in ganz Deutschland Synagogen brannten und jüdische Geschäfte geplündert sowie Menschen jüdischen Glaubens öffentlich ausgeraubt und ermordet wurden. Mit einem Zug der Erinnerung entlang der Stolpersteine haben zahlreiche Teilnehmer den Opfern dieser faschistischen Novemberpogrome von 1938 gedacht. In der Kurstadt selbst fanden die Pogrome nicht statt, wie Winfried Wingert, Vorsitzender des veranstaltenden Antirechts-Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“, vor der Hausnummer 27 in der Hauptstraße erinnerte. Bereits ein Jahr zuvor hätten die jüdischen Einwohner Bad Nenndorfs, diffamiert, verachtet und denunziert, den Ort verlassen -„weil zu wenige Menschen da waren, die sich schützend hätten vor sie stellen können“. Mit der Gedenkfeier „wollen wir Ihnen heute auch zeigen, dass wir an Ihrer Seite stehen“, sprach der Bündnischef anwesende Mitglieder der Jüdischen Gemeinde direkt an. Denn: „Wir sehen in rechten Kreisen eine immer stärkere Radikalisierung“, zitierte er aus einem Text, den ein Zehntklässler des Gymnasiums Bad Nenndorf (GBN) verfasst hatte. Er sprach von einem „Gespenst des Antisemitismus“, das in Europa umgehe, und forderte auf, sich dagegen zu stellen, wachsam zu sein und Courage zu zeigen – ob am Arbeitsplatz oder auf der Straße. Anschließend erinnerte eine Gruppe GBN-Schüler an Einzelschicksale wie das der Bad Nenndorfer Geschwister Jeannette Apolant und Franziska Kahn, die in ein Düsseldorfer Judenhaus ziehen mussten. Von dort wurden sie im Juli 1942 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie vier Monate später starben. Ludmilla Nekrasova sprach ein jüdisches Trauergebet, Achim Schultz-Waßmuth, Pastor im Ruhestand, das christliche Pendant. Auch Studierende der CJD-Schule Schlaffhorst-Andersen beteiligten sich an der Gedenkveranstaltung. Begleitet von weiteren musikalischen und literarischen Beiträgen bewegte sich der Gedenkzug weiter durch die Fußgängerzone zu dem Haus, in dem einst der jüdische Arzt Dr. Blumenberg praktiziert hat, über die ehemalige Pension Adler bis hin zum Gedenkstein in der Kurhausstraße. Foto: jl
Bericht aus dem Schaumburger Wochenblatt vom 13.11.2019