Von Andrea Röpke
„Bunte Vielfalt statt Brauner Einfalt“ stand auf dem Fronttransparent, hinter dem sich rund 650 Demonstranten im niedersächsischen Eschede nahe Celle gegen eine von Rechtsextremen ausgerichtete „Wintersonnwendfeier“ einreihten. Zu den Protesten gegen die nationalistische Brauchtumsfeier hatten neben Lüneburger Antifaschisten unter anderem mehrere lokale Bündnisse und Initiativen sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund aufgerufen.
Der niedersächsische NPD-Landesvorsitzende mit vermummten Wachmännern in Eschede: Photo: ar
An der Kreuzung zum Finkenberg wurde mit einer friedlichen Blockade zunächst ein Aufzug von etwa zehn NPD-Aktivisten mit ihrem Lautsprecherwagen durch den Ort verhindert. Der Landesvorsitzende der Jungen Nationalisten, Sebastian Weigler, Carsten Dicty von der NPD-Goslar und deren Anhänger kamen nicht durch und zogen sich sichtlich genervt zum Hof des NPD-Bauern Joachim Nahtz zurück. Danach ging es auch für die Gegendemonstranten darum, die rund zwei Kilometer lange Zufahrt zu dem von der NPD erworbenen Anwesen zurückzulegen. Mit Trillerpfeifen und Spruchbändern wie „Die Heide blüht lila und nicht braun“ zogen sie schließlich an den von den Rechtsextremisten errichteten weißen Sichtschutzwänden vorbei. Auf einer angrenzenden Wiese, mit Blick auf die braune Feierstätte, folgten einige Redebeiträge.
„Heimat und Kultur einen Ort geben“
Mehrmals im Jahr finden in Eschede NPD-nahe Veranstaltungen statt. Die „Familien- und Volksfeste in Eschede“ auf dem in NPD-Besitz befindlichen Bauernhof „bilden einen zentralen Anlaufpunkt für zahlreiche Nationalisten“, heißt es bei Facebook. Mit Stöcken in der Hand bewachten Vermummte das umzäunte Gelände. Kein großer Holzstoß, sondern nur ein Feuerkorb war erkennbar. Ein großes weißes Zelt war errichtet worden. Mit der Parole „Eschede verteidigen! Heimat und Kultur einen Ort geben“, hatte die NPD die Brauchtums-Veranstaltung in diesem Jahr beworben. Wie viele andere Gruppen von Nationalisten nutzen auch sie in der längsten Nacht am 21. Dezember altes germanisches Brauchtum mit Feuern und Fackeln zur kulturellen Vereinnahmung.
Zu den Wortführern auf dem Gelände zählten der NPD-Landesvorsitzende Manfred Dammann sowie Manfred Börm aus Lüneburg, ehemaliger Aktivist der verbotenen „Wiking-Jugend“. Dammann, der den YouTube-Kanal „Nordland TV“ mit 1850 Abonnenten betreibt, hatte einen Presseausweis um den Hals hängen und filmte die Szenerie. Mit dabei war auch Dennis Bührig, Anführer der ehemaligen „Kameradschaft 73 Celle“. 2009 hatte er mit Jürgen Rieger ein altes Landhotel in Faßberg in der Südheide besetzt.
Weitere Anreisen im Schutz der Dunkelheit
Auf einem LKW der Jungen Nationalisten stand „Kunst und Kultur fördern – Entartung entgegentreten“. Dann waren Namen aufgezählt, unter anderem Ernst Barlach, Walter Flex, Albrecht Dürer bis Arthur Schopenhauer, Elisabeth Ney oder Gustav Freytag. Im September postete Weigels Landesverband Fotos eines uniformierten Lagers, dem so genannten „Gemeinschaftstag Mitte“. In der Nordheide zog eine Gruppe von JNlern mit roten Westen bei Festen und Feiern wie beim Osterfeuer in Hamburg-Bramfeld als selbst ernannte Streife umher. Entsprechend dem martialischen Motto „Wir schaffen Schutzzonen“ propagieren die Rechtsextremisten vorgeblich, „Sicherheitsdefizite“ verbessern zu wollen. Im Mai waren zwei junge Männer „Streife“ durch Lüneburger Straßen, im Oktober durch Hanstedt im Landkreis Harburg gelaufen.
Nachdem die erfolgreiche Gegendemonstration den Ort der Sonnenwende, den Finkenberg in Eschede, gegen 16.00 Uhr wieder verlassen hatte, reisten im Schutz der Dunkelheit weitere Nationalisten an. Sie kamen nicht nur aus Celle und dem Heidekreis, sondern unter anderem aus Gifhorn, Rotenburg, Hannover, Hagenow, Ratzeburg, Hamburg, Wolfenbüttel, Winsen, Luhe und Lünen. Eines der Gästefahrzeuge trug ein italienisches Kennzeichen.
Quelle: bnr.de vom 27.12.2019 Autor: Andrea Röpke